01.02.2023
Wettbewerbsrecht
Marketing für pharmazeutische Dienstleistungen: Das ist rechtlich zulässig

Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) hat den Anspruch der Patienten auf pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) gesetzlich festgeschrieben. Noch sind die pDL nicht zum Selbstläufer geworden ‒ doch für die Apotheken eröffnen sich durch sie ganz neue Möglichkeiten. Insbesondere dürfen sie selbst eine Leistung für Versicherte auslösen. Damit es so weit kommt, müssen sie allerdings auf die neuen Angebote aufmerksam machen und diese nach außen kommunizieren. Hierzu soll dieser Beitrag ermutigen.

Erweitertes Leistungsspektrum der Apotheken

Nach § 129 Abs. 5e Sozialgesetzbuch (SGB) V haben Versicherte Anspruch auf pDL durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Mit dieser Regelung erweitert sich das honorierte Leistungsspektrum der deutschen Apotheken um diese Angebote:

  • Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck: Patienten mit diagnostizierter Hypertonie erhalten mit dieser Dienstleistung ein Angebot, den Erfolg ihrer medikamentösen Blutdruckeinstellung standardisiert in der Apotheke einmal alle zwölf Monate und ggf. bei Änderung der antihypertensiven Therapie ab zwei Wochen nach Einlösung einer Neuverordnung kontrollierenzu lassen. 
  • Erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik: Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren erhalten mit dieser Dienstleistung das Angebot, bei Neuverordnung von inhalativen Arzneimitteln bzw. bei jedem Device-Wechsel ihre Inhalationstechnik nach einem standardisierten Prozess in der Apotheke zu üben. Sie haben zudem Anspruch, dies alle zwölf Monate zu wiederholen, wenn sie in den letzten zwölf Monaten keine Schulung in einer Arztpraxis oder anderen Apotheke erhalten haben und nicht im DMP (Disease-Management-Programm) Asthma/COPD eingeschrieben sind. 
  • Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation: Wenn Kunden dauerhaft fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen, nehmen Apotheken eine ausführliche Analyse ihrer Gesamtmedikation vor und besprechen diese gemeinsam. Sie beinhaltet Prüfungen auf Doppelmedikation, Interaktionen, Anwendungsprobleme und Therapietreue. So soll die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) verbessert werden. 
  • Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten: Frisch nach einer Organtransplantation sind wichtige Hinweise rund um die korrekte Anwendung der Immunsuppressiva Inhalt dieser Beratungsleistung. 
  • Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie: Patienten, die Tabletten oder Kapseln zur Therapie eines Krebsleidens erhalten, werden zu den Einnahmebesonderheiten ausführlich beraten. Auch wertvolle Tipps zur Linderung auftretender Nebenwirkungen im Rahmen der Therapie gehören dazu.

Die ABDA geht davon aus, dass innerhalb eines Jahres rund 3/4 der Offizinen ihr Angebot um die neuen Services erweitert haben werden. Damit stellt sich die Frage, wie diese bestmöglich und rechtssicher beworben werden können.

Das Kundenportal der Vor-Ort-Apotheken

An pDL interessierte Patienten können die anbietenden Apotheken über das Kundenportal der Vor-Ort-Apotheken www.mein-apothekenmanager.de finden. Dort kann ab sofort bei der Apothekensuche unter „Serviceleistungen“ nach den pDL gefiltert werden.

MERKE | Angesichts des hohen Arbeitsaufkommens halten einige Apotheken derzeit Mundpropaganda als Werbung für die pDL zunächst für ausreichend. Das Kundenportal bietet eine gute Möglichkeit, diese mit relativ geringem Aufwand zu unterstützen. Apotheken, die auf diesem Weg gefunden werden wollen, ist allerdings sehr zu empfehlen, hier ihre Angaben aktuell zu halten. 

Unterstützung durch die ABDA

Die ABDA will die pDL in diesem Jahr direkt bei den Patienten bewerben. Es soll eine groß angelegte Anzeigenkampagne in Zeitschriften starten, die eher eine ältere Leserschaft ansprechen möchte. Zusätzlich ist eine Plakatkampagne an Bahnhöfen und anderen stark frequentierten öffentlichen Plätzen angedacht.

Viele Apotheken wollen ihre Kunden aber selbst aktiv auf das neue Angebot aufmerksam machen. Diejenigen, die in der Werbung eher analog ‒ d. h. offline ‒ unterwegs sind, werden hier fündig: Im Downloadbereich für pDL der ABDA auf der Web-to-Print-Plattform www.apothekenkampagne.de sind ab sofort alle notwendigen Materialien verfügbar, um Patienten über die pDL zu informieren. Zu jeder Dienstleistung können Apotheken ein Hinweisplakat, ein Erklärplakat sowie einen DIN-A5-Handzettel zur Patienteninformation herunterladen. Die Plakate sind in den Formaten DIN A1 bis A5 verfügbar und werden als PDF-Dokument generiert. Nach dem Download können die Plakate und Handzettel entweder von den Apotheken selbst oder über eine Druckerei ausgefertigt werden ‒ und so Kunden auf das Angebot in der Offizin und natürlich auch im Schaufenster aufmerksam gemacht werden.

MERKE | Flyer können auch außerhalb der Apotheken ausgeteilt werden. Selbstverständlich gilt bei der Werbung ebenfalls das Gebot der Trennung der beiden Heilberufe Arzt und Apotheker, sodass von beiden Berufsordnungen Apothekenwerbung in den Arztpraxen untersagt ist.

Werbung auf der apothekeneigenen Website

Eine weitere Möglichkeit, Werbung für neu angebotene pDL zu machen, besteht ganz klassisch mit dem Internetauftritt der Apotheke. So kann auf der Startseite der Apotheken-Website beispielsweise ein Banner mit entsprechenden Leistungen eingebettet werden. Im Idealfall ist dieses mit einem Tool für die Terminvergabe verknüpft. 

Patienten können sich seit Kurzem unter www.aponet.de über die fünf pDL informieren. In einer für Laien verständlichen Sprache wird dort erklärt,

  • wieso die Dienstleistungen die Arzneimittelversorgung verbessern können, wie der Ablauf einer Dienstleistung ist und
  • wann Patienten einen Anspruch auf eine Dienstleistung haben.

PRAXISTIPP | Der Link zu den pDL kann genutzt werden, um auf der Website der eigenen Apotheke über die neuen pDL aufzuklären.

Werbung in den sozialen Medien

Die sozialen Medien wie Facebook, Instagram & Co. bieten Möglichkeiten, Werbung in eigener Sache zu machen. Sie entfalten eine große Reichweite durch entsprechend interessante Beiträge (Postings), in die auch ein Link zur Online-Terminvergabe eingebettet werden kann.

PRAXISTIPP | Denkbar wäre es auch, in die Beiträge zur Steigerung der Aufmerksamkeit ein nicht übertriebenes Gewinnspiel einzubeten, bei dem die Beantwortung der Rätselfrage ein sorgfältiges Lesen des Infotextes voraussetzt.

Beachten Sie | Begleitende E-Mails an den Kundenstamm können nur an solche Kunden versendet werden, die in den Empfang entsprechender Werbemails eingewilligt haben.

Werbung mithilfe des digitalen Schaufensters

Ein beliebtes Werbemittel in Apotheken sind digitale Werbedisplays (Apotheken-TV) bzw. digitale Schaufenster. Diese können auch für die Bewerbung von pDL genutzt werden. Besonders interessant für die (Lauf-)Kundschaft sind dabei interaktive, bewegte Anzeigen. Anstatt nur die Leistungen aufzulisten, lassen sich die Anzeigen mithilfe von Bild- bzw. Grafikmaterial oder praxisnahen Videos gestalten.

Werbung mit Aktionstagen

Gerne bieten Apotheken die pDL „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ an einem Aktionstag an. Sie vergeben dann etwa für einen Samstagvormittag Termine und messen durchgehend. Solche besonderen Ereignisse erwecken ein erhöhtes Interesse, sind ‒ wenn sie dem Anlass entsprechend durchgeführt werden ‒ zulässig und dürfen auch entsprechend beworben werden.

Und immer gilt: Irreführende Werbung vermeiden

Wie bei allen Werbeaussagen gilt es, Irreführungen zu vermeiden. Die Hervorhebung positiver Aspekte ist ein legitimes Anliegen. Täuschend darf die Werbung jedoch nicht sein. Sie sollte daher stets kritisch darauf geprüft werden, ob sie falsche Vorstellungen bei den angesprochenen Personen hervorrufen kann. Dabei ist für die Beurteilung die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der die Werbung mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt. Daher kann eine Werbung auch irreführend sein, wenn sie zwar der Wahrheit entspricht, aber vom Verbraucher falsch verstanden wird.

MERKE | Die Werbung für apothekerliche Dienstleistungen muss der besonderen Stellung von Apothekern als Angehörigen eines Heilberufes und den Geboten einer wahren und sachlichen Information gerecht werden. Es darf also keine bevorzugte Stellung der eigenen Apotheke vorgetäuscht werden.

Quelle: IWW Institut, AH Apotheke heute 02/2023

Das könnte Sie auch interessieren